zurück zur Berlin-Übersicht

Im Stadteil Prenzlauer Berg entdeckte ich auf dem Stadtplan auch einen jüdischen Friedhof.
Und da ich in der Gegend war, ging ich dort vorbei.
An der Schönhauser Allee gabs aber erstmal nur eine lange hohe Mauer, dann ein hohes Gittertor.
Darf man da rein? Vorsichtig öffnete ich das Tor,
ein Mann im schwarzen Anzug kam aus dem Gebäude,auf dem Kopf eine Kippa.
Darf ich den Friedhof besichtigen? fragte ich. Selbstverständlich! war die Antwort.

Auf einer Tafel las ich: eine Kopfbedeckung ist für Männer hier Vorschrift,
man darf nicht rauchen, fotografieren nur zu privaten Zwecken.

Also hier meine ganz privaten Ansichtssachen:

Zwischen den hohen Mietshäusern mitten in der quirligen Stadt
betrat ich ein stilles Areal.

Ich war fast allein und die Atmosphäre war sehr speziell.

Die Grabsteine -meist hohe Stelen- standen zwischen hohen Bäumen
inmitten von wucherndem Efeu
und dazwischen wuselten die kleinen blauen Blüten der wilden Scilla,
die sich hier unbekümmert ausgebreitet hatte.

Hier und dort gepflasterte Wege, aber auch immer wieder große Felder ohne Weg und Steg.

Manche Grabsteine waren umgestürzt.

Einzelteile lagen hier und dort verstreut.

Manche Steine hatten Inschriften in hebräischen (aramäischen?) Lettern, andere in lateinischer Schrift

Beeindruckende Wandgräber säumten die Friedhofsmauer.

Die Grabstätte von Doris Makower, der Frau des Juristen Hermann Makower,
dem Anwalt der Familie Hohenzollern,
war mit den kleinen blauen Blüten besonders hübsch geschmückt.

Besonders die Inschriften, die den Verstorbenen beschrieben,
waren ergreifend und so ganz anders als bei uns üblich.
Hier das Lob auf eine Frau namens Bianca:

"Anmut in der Erscheinung, rein von
Herzen und geadelt durch ihre Seele
war sie ein Muster von Weiblichkeit,
Tugend und Gottesfurcht"

Das jüngste Grab, das ich fand, war von 1938

Das habe ich bei Wikipedia über diesen Friedhof gefunden:

Die Eingangsbebauung von 1892, darunter die Trauerhalle, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Auch manche der Grabstätten fielen Bomben- oder Granateinschlägen zum Opfer.
Inschriften, Verzierungen und Grabgitter aus Metall wurden in der Zeit des Nationalsozialismus geraubt und eingeschmolzen.
Gegen Kriegsende hob man auf dem Friedhofsgelände Splittergräben aus und befestigte sie mit Grabsteinen,
andere Steine wurden von den Gräbern entfernt und willkürlich übereinander gehäuft.

1988 wurden über 100 Grabsteine von randalierenden Jugendlichen umgestürzt.
Ähnliche Vorfälle von Grabschändung wiederholten sich,
so beispielsweise im Jahr 1997, als 28 Grabsteine, darunter einige, die kurz zuvor restauriert worden waren,
von Unbekannten umgestoßen und teilweise zerstört wurden.
Die Polizei ließ wissen, es gebe „keine Hinweise auf eine antisemitische Tat“.

Einem jüdischen Brauch zufolge legen Besucher eines Grabes
einen Stein auf dem Grabstein ab, zum Zeichen, dass jemand da war.

Offensichtlich kommen doch immer wieder Besucher, vielleicht Angehörige, hierher.

Ebenfalls bei Wikipedia hab ich gelesen, dass auch Max Liebermann hier begraben liegt.
Der Bruder von Käthe Kollwitz - nee, der Mann oder so (siehe Kolle auf Pänzlauer Berg).

Am Ausgang stand eine Tafel:
Wenn du hier stehst, schweige.
Aber wenn du gehst, schweige nicht mehr.

Zurück zur Berlin-Übersicht